Generalversammlung 2012

Ausführungen des Präsidenten zur Generalversammlung 2012:

Heute erleben wir die 22. Generalversammlung unserer Vereinigung;

 wir haben 2010 unsere 20-Jahr –Feier im Wiener Rathaus erlebt und der vergangenen Reformen gedacht.

2 Jahre später wurden wir Zeitzeugen der wahrscheinlich größten und kürzesten Verwaltungsreform, für die meisten von uns intensivste Behördenreform, die Geschichte geschrieben hat. Kaum zuvor wurde in nicht einmal einem Jahr eine Reform umgesetzt, die das Ende der Sicherheitsdirektionen, der Bundespolizeidirektionen und der erst wenige Jahre zuvor gegründeten Landespolizeikommanden zur Folge hatte.

Aus meiner Sicht ist diese Organisationsreform umfassender als die vergangene und kurzlebige Wachkörperreform – wir erinnern uns, als Zollwache und Bundesgendarmerie, Kriminaldienst und Sicherheitswache fusioniert wurden zu einem Wachkörper Bundespolizei. Nunmehr wurden der Wachkörper und die unmittelbaren Sicherheitsbehörden zusammen gelegt zu Landespolizeidirektionen.

Wir werden sehen, ob diese Reform langlebiger ist als die Reform der Sicherheitsdirektionen, die als Provisorium immerhin von 1933 bis 1938 und von 1945 bis 2012 existierten, also in Summe 72 Jahre alt wurden. Oder die Bundespolizeidirektionen, die mit der Bundesverfassung 1920 geschaffen worden war und damit stolze 92 Jahre gelebt haben. In Lebensjahren gerechnet entspricht dies einem beträchtlichen Alter.

Der eigenständige Wachkörper Bundespolizei kann auf eine autonome Lebensdauer von 7 Jahren verweisen.

Wir Polizeijuristen haben uns in diesem Reformjahr einer anderen Strategie bedient als bei den Reformen 2002 und 2005, als wir im Verfassungswiderspruch Bedenken angemeldet haben und gegen eine reine Wachkörperreform auftraten, die ohne Berücksichtigung der Sicherheitsbehörden gelaufen ist. Den Hinweis auf den Verfassungskonvent konnten wir schon damals nicht glauben und wurden von der Projektleitung sofort negativ betrachtet.

 

Nun haben wir von Anfang an mitgearbeitet, um unsere Zustimmung zu signalisieren, sinnvolle Reformen mitzutragen und nur dort aufzuschreien, wo wir offenkundig Verletzungen verfassungsrechtlicher Grundnormen erkannten.

Die Vorstandsgespräche mit der Frau Bundesministerin, dem Kabinettchef und dem Projektleiter waren überwiegend in einem konstruktiven Diskussionsklima.

Es war uns klar, dass unseren Ansichten und Anliegen nicht in allen Punkten entsprochen werden kann, unserer Forderung, dass sämtliche Führungsfunktionen in einer Sicherheitsbehörde nur durch Juristen besetzt werden darf, haben die meisten Vorstandsmitglieder ohnehin nicht ernsthaft angenommen.

Aber immerhin ist es durch gemeinschaftliche Überzeugungsarbeit und sehr gute Kandidaten gelungen, in 8 von 9 Bundesländern einen Juristen in Kärnten eine Juristin zum Landespolizeidirektor, präsidenten und zur Direktorin bestellt zu sehen. Auch im Stellvertreterbereich B sind in 8 von 9 Fällen Polizeijuristen und in Wien eine Juristin in der Funktion.

Im Gegenzug haben wir leider unsere Forderung nach Akademikern im GB A verloren, spannenderweise ist auch dort in 8 von 9 Fällen ein E1-Beamter Stellvertreter des LPD.

Wir werden klarerweise sehr genau beobachten, wie die weiteren Besetzungen aussehen und ob das Versprechen der Frau Bundesministerin, sich in jedem Fall anzusehen, welche Qualifikation für welche Aufgabenstellung erforderlich ist, eingehalten wird.

Ebenso genau wollen wir uns anschauen, welche Verbesserungen die Reform tatsächlich gebracht hat und ob die Grundzüge der Reform „Eine Aufgabe – eine Organisationsform“ oder „Straffung der Organisation“ wirklich hält, was hier angekündigt wurde.

Im Zweifel wollen wir annehmen, dass bereits Sollbruchstellen für eine nächste Reform vorgesehen wurden. Ich will aber der heutigen Diskussion nicht vorgreifen. Wir haben drei sehr erfahrene Polizeijuristen in Spitzenpositionen eingeladen und wollen ihnen nun die Gelegenheit geben, unter der Moderation unseres Generalsekretärs Robert Stocker zu dieser Themenstellung zu sprechen. Nach der Podiumsdiskussion wird Gelegenheit zu einer Publikumsdiskussion bestehen!